Rezension Andrea Schütze: Susan Sorek, The Emperors´ Needles
Wissenschaftliche Rezension
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Werkdaten:
Susan Sorek,
The
Emperors´ Needles. Egyptian Obeliks and Rome,
Bristol Phoenix Press
Exeter 2010
ISBN-10: 9781904675303
168 S.,
Preis: 31,00 $.
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Weitere Erscheinungsorte
der Rezension:
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Obelisken
gehören zu den ältesten Medien der Menschheit. In einer Mittelstellung
zwischen Skulptur und Architektur sorgt der Obelisk als Symbol höchster
Machtfülle über Jahrtausende hinweg für eine Verbindung zwischen
himmlisch-göttlicher und irdisch-herrscherlicher Macht. Daneben erzeugt
auch die in ihm verkörperte Perfektion höchster Leistungskraft eine
enorme mediale Bedeutung, so dass nicht nur der Obelisk und seine
symbolische Ausgestaltung, sondern bereits seine Erschaffung und
insbesondere seine Aufstellung zu einem medialen Ereignis wurden. In
den meisten Fällen sollte es nicht reichen, einfach nur die Gestalt des
Obelisken zu kopieren, denn gerade dem originalen, dem ägyptischen
Obelisken kam hohes Prestige zu, führte zu seinem Export und seiner
Verbreitung bis weit über die Grenzen der Alten Welt hinaus. Und
dennoch: Anders als der antike Baustil der Römer und Griechen, erfuhr
der ägyptische Obelisk in den kunsthistorischen Rezeptionen nie eine
kulturelle Vereinnahmung hin zur eigenen, selbstverständlichen
Identifikation. Er blieb immer etwas Fremdes, etwas Besonderes.
Susan Sorek hat sich auf knapp 170 Seiten der kulturhistorisch sehr
interessanten Thematik der Obelisken gewidmet und legt, wie bereits der
Buchtitel verrät, ihr besonderes Augenmerk auf die Beziehung Roms zu
diesem alten ägyptischen Macht-Medium.
Zahlreiche Indizierungen im Vor- und Nachspann des Buches belegen, dass
sich die Autorin durchaus intensiv mit der Systematisierung der Materie
auseinandergesetzt zu haben scheint. Neben einem - gemessen am Umfang
des Buches - doch sehr ausführlichen Inhaltsverzeichnis, sind
insbesondere der nach Ländern geordnete Index heute noch stehender
Obelisken (STANDING OBELISKS AND THEIR PRESENT LOCATION, XIII - XV),
sowie ihre Chronologie (CHRONOLOGIES, XVII—XXIV) lobend hervorzuheben.
Die darin aufbereiteten Daten ermöglichen dem Leser bereits im Vorfeld
eine schnelle Übersicht über die Materie.
Eine Karte, die helfen würde, die Überzahl der in Rom befindlichen
Obelisken auch visuell zu lokalisieren, fehlt, wäre jedoch
wünschenswert gewesen.
In 18 Kapiteln vermittelt die Autorin einen Überblick über die
Geschichte der Obelisken, die - wie die Autorin bereits in
Vorsatzpapier bemerkt - „a general guide to the obelisks that have
found their way to the four corners of the earth“ sein soll. An dieser
Zielsetzung eines einführenden Überblicks ist das Buch zu messen.
Inhaltlich lassen sich die einzelnen Kapitel thematisch oder
chronologisch gruppieren, wobei nicht immer eingängig ist, weshalb die
eine oder andere Kapitelunterteilung vollzogen wurde. So beschreibt die
Autorin im ersten Kapitel (THE CULT OF THE SUN STONE. THE ORIGINS OF
THE OBELISKS, 09-15) den religiös-symbolträchtigen Hintergrund, vor dem
die Entwicklung des Obelisken zu sehen ist. Im folgenden Kapitel
(CREATED FROM STONE: HOW EGYPTIAN OBELISKS WERE MADE, 17-27) erläutert
sie das Brechen des Gesteins, seine Bearbeitung und den Transport des
Obelisken bis hin zu dessen Aufstellung. Positiv hervorzuheben ist,
dass sie die dem Material eigene Semantik, besonders aber die der
Herstellungsleistung innewohnende Bedeutung, anspricht 1. Diese
Unterteilung ist nachvollziehbar. Andere hingegen nicht. Völlig unklar
blieb, weshalb in einem Buch, dessen Schwerpunkt auf Roms Beziehung zu
den Obelisken liegt, die Geschichte Ägyptens in der
Einleitung/Introduction, nicht hingegen in „Kapitel eins“, erscheint
und weshalb erst im Kapitel 17 (THE OBELISK. BUILDERS AND THE STANDING
OBELISKS OF EGYPT, 137-145) - vollkommen zusammenhangslos - von den
auftraggebenden Pharaonen die Rede ist.2. Bedauerlicherweise ist der
Autorin gerade die Einführung am wenigsten gelungen. Gemessen an der
Zielsetzung eines „general guide“ dürfte sie einem mit der Geschichte
Ägyptens weniger vertrauten Leser nur sehr schwer verständlich
erscheinen. Die Autorin setzt hier zu viel Wissen voraus und bewegt
sich sehr unzusammenhängend durch die Zeit. Eine beigefügte Karte, die
nicht im Ansatz die erwähnten Orte des Geschehens wiedergibt,
unterstreicht einen negativen Eindruck, den die Einleitung hinterlässt.
Dem Gesamteindruck des Buches wird dies indes nicht gerecht, weil die
Autorin insgesamt durchaus gut zu erklären und den Leser mit einem
flüssigen Stil zu führen vermag.
In Zusammenhang mit der bereits geführten Kritik an diesem Buch kommt
man nicht umhin, seine bedeutendste Schwäche zu erwähnen. Die
Abbildungen sind ein sehr bedauerliches und dem sonstigen Wert des
Buches nicht gerecht werdendes Manko: Entweder sind sie vollkommen
unzureichend, wie das bereits erwähnte Beispiel der nahezu untauglichen
Landkarte Alt-Ägyptens, oder sie stehen (keinesfalls selbsterklärend)
ohne Bezug zum Text, wie die Abbildung der Sonnenuhr des Augustus auf
dem Marsfeld. Im Text wird sie zwar von Susan Sorek durchaus eingehend
besprochen, jedoch erklärt sich damit keinesfalls die beigefügte
Abbildung. Schwarz-Weiß-Abbildungen der Obelisken sind grundsätzlich
nicht zu kritisieren, jedoch erweist sich deren Bildauswahl und
–qualität als durchaus problematisch. Teilweise weisen die Abbildungen
eine sehr schlechte und eigentlich nicht mehr zu tolerierende
Bildqualität auf, so etwa der Obelisk auf dem Petersplatz in Rom.
Teilweise verbleiben die beschriebenen Obelisken gänzlich unbebildert,
während der Obelisk der Piazza Navona hingegen gleich in vier
Abbildungen vorgestellt wird, die kein Mehr zur Erhellung des
Sachverhaltes beitragen.3 Anstelle wenig erhellender Abbildungen wäre
es daher wünschenswert gewesen, dass wichtige und von der Autorin auch
ausführlich beschriebene Bilddarstellungen auf den Obelisken durch eine
brauchbare Abbildung ergänzt worden wären.4
Dem Literaturverzeichnis des 2010 erschienen Buches hätte man
vielleicht auch weitere Werke, wie das 2009 erschienene Buch „Obelisk“
von Curran u.a. hinzufügen können. Auch die Beiträge von Edmund Buchner
und Michael Schütz zum Horologium Augusti, sowie die Arbeit von Katja
Lembke hätte man einfügen können, auch deshalb, weil die Autorin die in
diesen Publikationen behandelten Themenkreise ganz ausführlich
angesprochen hat.5 Angesichts dieser Kritikpunkte sollen kleinere,
offensichtliche Unrichtigkeiten nicht weiter bewertet werden.6
Die geübte Kritik war hauptsächlich in der formalen Gestaltung des
Buches begründet. Nun sollen ganz besonders die inhaltlichen Vorzüge
dieses Werkes lobend hervorgehoben werden.
Der gerade für einen „general guide“ wichtige, eingängige Stil der
Autorin fand bereits Erwähnung. Besonders überzeugt allerdings das
kulturspezifische Einfühlungsvermögen der Autorin, das beim Lesen immer
wieder begegnet. Susan Sorek reflektiert nicht allein die Geschichte
der Obelisken vor der Folie der römischen Kaiserzeit und ihrer späteren
Rezeption in Renaissance, Barock und späterer Neuzeit. Sie schreibt
keine Geschichte aus der Sichtweise des Abendlandes, dem die Obelisken
begegnen, sondern sie versteht es vielfach, diese Perspektive
umzukehren. Gerade hier kommt den Kapiteln mit starkem Ägyptenbezug
eine tragende Bedeutung zu. Mit dieser Einstimmung vermitteln sie einem
Leser des klassisch-antik geprägten Abendlandes eine interessante
Wahrnehmung. Susan Sorek beschreibt nicht ein Herannahen ägyptischer
Kultur an die römische, sondern sie schickt umgekehrt den Leser mit den
Obelisken und der ägyptischen Kultur nach Rom. So erfährt der Leser
viel vom Clash zweier Kulturen: Das alte Ägypten begegnet mit seinen
sehr intensiv aufgeladenen Medien vergangener Macht dem vergleichsweise
jungen Rom, das - immer noch aufstrebend und mächtig - sich zusehends
medial neu zu definieren sucht. So entstehen von römischer Seite
interessierte Begehrlichkeiten an den für Rom neuen medialen
Kommunikationsformen absoluter Machtvollkommenheit. Andererseits
erzeugen gerade Geschwindigkeit und Intensität des Fremdeinflusses
Ängste und Ablehnungen, schüren Gegenbewegungen bis hin zur Verfolgung,
die jedoch den fortschreitenden Zeitgeist nicht mehr aufzuhalten
vermögen und zwangsläufig zum Scheitern verurteilt sind. Am Ende hat
das Fremde seinen Platz als unverzichtbarer Bestandteil öffentlicher
Präsentation gefunden.
Susan Sorek liefert auf knapp 170 Seiten ein spannendes Kapitel des
Kulturaustausches, das jeden interessierten Leser aufhorchen lässt und
damit deutlich über das gesetzte Ziel eines „general guide“
hinausreicht.
Andrea Schütze
Andrea Schütze München, Andrea Schuetze, Lupa Romana, Historikerin, Rechtshistorikerin, Althistorikerin, Mediävistin, Kunsthistorikerin, Rechtshistorikerin, Archäologin,
Rezension.
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