Rezension Andrea Schütze: Helmut Krasser, Triplici invectus triumpho
Wissenschaftliche Rezension
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Werkdaten:
Krasser, Helmut; Pausch, Dennis; Petrovic, Ivana (Hrsg),
Triplici invectus triumpho. Der römische Triumph in augusteischer Zeit
Franz Steiner Verlag
Stuttgart 2008
ISBN-10: 978-3-515-09249-4
327 S.,
Preis: 60,00 €.
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Weitere Erscheinungsorte
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Krieg
hatte in Rom viele Gesichter. Die Römer besaßen eine differenzierte
Palette militärischer Präsentation, die sich in unterschiedlichen
Inszenierungsformen und Medien zur Schau stellte. Unter ihnen war der
Triumph nicht nur die prächtigste Form, er ist bis heute zudem das
Symbol römischer Kriegsinszenierung schlechthin. Seine Bedeutung als
essentielles Element römischer Militärgeschichte präsentiert sich
zunächst in einer riesigen Zeitspanne – von der römischen Frühzeit bis
in die Spätantike und darüber hinaus in seiner Rezeption vom
Mittelalter bis in die Neuzeit. Andere Formen römischer
Kriegsinszenierung hingegen sind mittlerweile deutlich verblasst.[1]
Das Exzeptionelle des Triumphes offenbart sich im Bewusstwerden eines
bedeutsamen assoziativen Gedächtnisses, das mit ihm verbunden ist.
Keine andere Form bietet eine derartige Fülle abrufbarer Vorstellungen,
gespeist durch architektonische Monumente, bildliche Darstellungen und
Texte. Dabei scheinen die Elemente aus den unterschiedlichen Quellen zu
einem assoziativen Gesamtbild von „dem römischen Triumph“ zu
verschmelzen, ungeachtet dessen, dass sie oft unterschiedlichen Epochen
entstammen. Der in „Triplici invectus triumpho“ vorgenommenen
Zusammenstellung gehen ein interdisziplinäres Kolloquium an der
Universität Gießen im Wintersemester 2004/2005 und eine in Kooperation
mit der Universität Erfurt durchgeführte Tagung im Jahr 2005 voraus.
In den dreizehn Aufsätzen des vorliegenden Sammelbandes spiegelt sich
nicht nur die angesprochene Quellenvarianz des Triumphbildes wider, sie
zeigen auch den Versuch, das Einheitsbild des Triumphes aufzubrechen
und einen Blick auf die Entwicklung dieses vorstellungsbehafteten
Bildes freizugeben. Das von den Herausgebern gewählte Zitat aus der
Schildbeschreibung und Zukunftsschau in der Aeneis (Verg. Aen. 8,714)
offenbart die Zielsetzung und Vorgehensweise der Autoren: Der Blick auf
die Veränderlichkeit des Kontinuums Triumph wird nicht durch eine
ausgreifende Entwicklungsübersicht, sondern einen Fokus auf den
Dreifachtriumph Octavians nach der Schlacht von Actium (29 v.Chr.)
gewonnen, der als Schnittstelle und Wendepunkt zwischen dem Triumph der
Republik und dem der Kaiserzeit verortet wird. Die Autoren
exemplifizieren anhand unterschiedlicher Beispiele und Methoden,
welchen durchgreifenden Wandel das Triumphritual gerade durch Octavian
erfuhr und wie aus einem republikanischen Ereignis nobilitären
Prestiges einzelner Feldherren mit der Wende zur Kaiserzeit eine
monopolistische Veranstaltung der kaiserlichen Familie werden konnte,
die darin ihre Sieghaftigkeit und wohl auch ihren Führungsanspruch
unterstrich.
Zunächst fällt die klare Strukturierung in drei größere Abschnitte auf,
die dem Leser ein konsequentes und verständliches Raster vorstellen,
worin die einzelnen Beiträge verortet sind. Die Herausgeber
strukturieren das Werk in die drei Bereiche: „Interpretation des
Triumphes als politisches Ritual“, „Triumph in Bildkunst und
städtischem Raum“ und „Triumph im Text“. Diese Trias harmoniert nicht
nur sehr gut mit der Thematik des dreifachen Triumphes, sie bildet auch
die drei großen altertumswissenschaftlichen Disziplinen ab, die in
diese Untersuchung miteinbezogen sind: Alte Geschichte, Klassische
Archäologie und Klassische Philologie. Jeder der Beiträge besitzt am
Ende eine umfangreiche Literaturliste. Dem Textteil schließt sich eine
in Deutsch und Englisch gehaltene kurze Zusammenfassung der einzelnen
Beiträge an. Den Abschluss des Bandes bildet ein nach antiken Autoren
bzw. Quellen gegliedertes Stellenverzeichnis. Ein Namens- bzw.
Sachregister fehlt leider.
Der erste Abschnitt „Interpretation des Triumphes als politisches
Ritual“ beleuchtet in drei Aufsätzen aus unterschiedlichen Epochen
heraus (mittlere Republik, augusteisches Zeitalter, Kaiserzeit des 1.
Jh. n.Chr.) die Wahrnehmung des Triumphrituals. Jörg Rüpke (Neue
Perspektiven auf alte Statuenrituale: Überlegungen zu Res gestae Divi
Augusti 4, S. 11-26) widmet sich einer anderen
Interpretationsmöglichkeit der Inszenierungszusammenhänge. Mit Blick
auf die seit Octavian gewandelte Ehrenverteilung an erfolgreiche
Feldherren und die stattgefundene Monopolisierung des Triumphrituals
auf den Kaiser und dessen engsten Familienkreis untersucht er die Art
des Wandels, worin sich also der Habitus des Triumphators und dessen
Anrecht auf Ehrung durch eine Statue geändert haben. Rüpke kommt darin
zu einer interessanten Deutung beider Triumphelemente als Äquivalent:
Der Triumphator ist in seiner Inszenierung (s)eine Ehrenstatue. Tanja
Itgenshorst (Der Princeps triumphiert nicht. Vom Verschwinden des
Siegesrituals in augusteischer Zeit, S. 27-53) belegt mit ihrem
Beitrag, dass nach dem Dreifachtriumph Octavians ein grundlegender
Wandel im Umgang mit dem Triumph festzustellen sei. Inszenierungen
wurden abgelehnt, Insignia aus dem Ritualkomplex herausgelöst und an
der Gestalt des Kaisers fixiert. Der Triumph als Ganzes erfuhr eine
Monopolisierung auf die Person des Kaisers und die engsten Angehörigen
seiner Familie. Andere erfolgreiche Feldherren hingegen erhielten
allein die ornamenta triumphalia. Damit zerfiel die bisherige Einheit
von Kriegserfolg und Triumph; der Triumph verlor seine Bedeutung als
Mittel zur Prestigebildung und Befriedung im Rahmen nobilitärer
Konkurrenz. Allerdings – und diese Schlussfolgerung überzeugt – war
erst mit der Befreiung des Triumphes aus seiner diplomatischen Fessel
der Weg für eine weitergehendere kulturelle Auseinandersetzung mit
dieser Inszenierungsform geschaffen. Fabian Goldbeck und Peter Franz
Mittag (Der geregelte Triumph. Der republikanische Triumph bei Valerius
Maximus und Aulus Gellius, S. 55-74) untersuchen Aussagen dieser
kaiserzeitlichen Autoren zur (angeblich) republikanischen Regelung des
ius triumphandi und der Differenzierung zwischen Triumph und Ovatio.
Dabei entlarven sie die republikanischen Bezüge als
Auseinandersetzungen mit der Kaiserherrschaft.
Den zweiten Abschnitt zum „Triumph in Bildkunst und städtischem Raum“
eröffnet Wolfram Martini (Raum und Ritual im römischen Triumph. Die
Wegstrecke des Triumphzuges, S. 75-94). Topographie und Architektur des
Triumphs waren keine statischen Dekorationselemente eines rituellen
Kontinuums. Vielmehr existierte zwischen ritueller Inszenierung und
architektonischem Konzept ein wechselseitiger Bezug. In sehr anregenden
Gedankengängen führt Martini aus, wie der Triumph in seinem Verlauf die
verschiedenen Bereiche des römischen Lebens berührte, in seinen
Monumenten die Botschaft vom Erblühen Roms durch Krieg und Sieg
verkündete und dies visuell nicht zuletzt dadurch vor Augen führte,
dass neben älteren, patinierten Siegesmonumenten neuere strahlend und
glänzend hervorragten. Sven Th. Schipporeit (Wege des Triumphes. Zum
Verlauf der Triumphzüge im spätrepublikanischen und augusteischen Rom,
S. 95-136) widmet sich erneut – nun aus architektonischer Warte – der
Frage nach dem Umgang mit dem Triumphritual. Dabei verdeutlicht er sehr
genau, dass sich der von Octavian vollzogene Wandel im Zusammenhang mit
dem Triumph nicht allein auf den Ritual- und Insignienkomplex bezog,
sondern noch viel tiefergreifender in die urbane Struktur eindrang: In
Abkehr von alten, republikanischen, senatorischen Monumenten und
zugunsten von neuen, kaiserlichen, augusteischen wurde sogar die
Wegstrecke, die der Triumph durch Rom nahm, in ihrem Verlauf verlagert.
Dies dürfte am sinnfälligsten vor Augen führen, dass der mit Octavian
vollzogene Wandel eine echte Zäsur bedeutet hatte, die sich tief in das
gesellschaftliche Traditionsgefüge Roms hineinfräste.
Thomas Schäfer (Ein frühkaiserzeitliches Relief mit pompa triumphalis,
S. 137-154) widmet sich einem Plattenfragment aus dem sogenannten
Actiumrelief mit Darstellung eines Triumphators auf einer
Triumphalquadriga. In einem sehr ausführlich angelegten Überblick zu
ikonographischen Kontinuitäten und Varianzen vergleichbarer
Darstellungen kommt Schäfer zu dem Schluss, dass auf dem dargestellten
Relief „mit Sicherheit“ (S. 149) der Dreifachtriumph Octavians zu
erkennen sei. In der äußerst anregenden Beweiserhebung finden sich
dennoch teilweise Gedankensprünge in Ergänzungsfragen (Victoria), die –
wie auch die sichere Deutung – in der von ihm formulierten Stringenz
von mir nicht nachvollzogen werden können. Ulrike Theisen (Princeps
triumphans oder der gebaute Triumph des iulisch-claudischen
Kaiserhauses in Rom, Pompeji und Mérida, S. 155-167) führt am Beispiel
von Mérida die Strahlwirkung der neuen politischen Linie Roms vor.
Den größten Umfang nimmt der dritte Abschnitt zum „Triumph im Text“
ein, der sich der literarischen Auseinandersetzung mit der
Triumphthematik verschrieben hat. Sechs Beiträge befassen sich mit den
augusteischen Dichtern Horaz, Properz, Vergil und Ovid. Für Vera Binder
(Römischer Triumph und griechisches Epinikon: Bemerkungen zu Hor. Od.
4,4, S. 169-190) stellt die Horaz-Ode 4,4 keine „proclaudische
Verirrung“ dar (S. 175), sondern rückt das Verhältnis der Claudier zu
Augustus ins rechte Licht: Was sie sind, sind sie durch ihn allein.
Ivana Petrovic (Aitiologie des Triumphes: Die Hymnen von Kallimachos
und Properz 4,6, S. 191-208) bespricht Properz, der zunächst Krieg als
Dichtungsthema abgelehnt, dann aber eine „Evolution des Triumphmotivs“
(S. 193) durchlebt hatte. Bemerkenswert ist besonders die dem Dichter
zugemessene Rolle, der durch seine Dichtung allein das Triumphereignis
der Vergänglichkeit zu entreißen und ihm Fortdauer zu verleihen vermag.
Für eine Aufwertung des „Werkstattbesuchs“ gegenüber der
„Schildbeschreibung“ plädiert Ulrike Egelhaaf-Gaiser (Werkstattbesuch
bei Vulcanus: Triumphale Geschichtsbilder aus Vergils intertextueller
Waffenschmiede (Aen. 8,407-453), S. 209-237). Ersterer sei „das
poetologische Fundament für das zielgerichtete Geschichtskonzept auf
dem Schild“ (S. 211). Vergil eröffnet zwei Ebenen: Die Ebene des
Aeneas, der das Schicksal zu durchleben hat und die Ebene des
erkennenden Lesers, der mit dem Mehrwissen eines Zukünftigen in die
(eigene) Vergangenheit zurückblickt, die ihm als Zukunft Roms
vorgespielt wird.
Dennis Pausch (‚hi nostri reditus exspectatique triumphi?‘ Die Heimkehr
des Pallas zwischen pompa funebris und pompa triumphalis (Verg. Aen.
11,1-99), S. 239-264) führt im Zusammenhang mit der Rückführung des
jung gefallenen Pallas im elften Buch der Aeneis ein Vexierbild aus
pompa funebris und pompa triumphalis vor. In Abweichung von der
Interpretation als funus triumpho simillimum plädiert er für eine
Ausdeutung als triumphus funebri simillimus und interpretiert die
vergilische Szenerie als ein Gedenken an die Gefallenen des
Bürgerkriegs im Rahmen des Dreifachtriumphes. Diese Deutung ist
bemerkenswert, denn ein Gedenken der Gefallenen (selbst der eigenen) im
Rahmen von Triumphzügen war eher ungewöhnlich. Hier tritt es allerdings
als Form der „Geschichtsaufarbeitung“ hervor, die über die gemeinsame
Trauer nicht nur einen Weg der Aussöhnung für die leidtragenden
Konfliktparteien ermöglichte, sondern dem noch jungen augusteischen
System auch eine deutliche Stabilisierung verlieh. Helmut Krasser
(Ianus victor. Ein Leitmotiv im ersten Fastenbuch Ovids, S. 265-284)
stellt im ersten Fastenbuch Ovids nicht nur ein Motivgeflecht aus
Parallelen zwischen Iupiter und Ianus heraus, sondern transferiert
beide in eine Vorstellungsebene als Bewahrer der Prosperität des
römischen Imperiums. Julia Schäfer-Schmitt (candida victima im tristen
Tomis. Zur Funktionalisierung des Triumphmotivs in Ovids Epistulae ex
Ponto 2,1, S. 285-304) thematisiert am Text des Ovid ein Moment, das
beim Triumphzug sonst kaum ins Bewusstsein gerückt sein dürfte – die
Ohnmacht der Unterlegenen. Doch Ovid verharrt nicht in dieser Position,
sondern schwingt sich durch seine Kunst zum Mächtigen über die Memoria
auf. Damit klingt ein Thema an, das bis heute klingt: die Macht der
Medien.
Der Band „Triplici invectus triumpho“ besticht nicht nur durch eine
klare und gut durchdachte Konzeption, die bis in die einzelnen Beiträge
hinein verfolgt werden kann, sowie eine detailfreudige und
interdisziplinäre Aufarbeitung des Themas, sondern regt auch zur
weiteren Diskussion an. Allein anhand dieses vergleichsweise kleinen
Betrachtungsspektrums führt er vor, dass die von Augustus gesetzte
Zäsur nicht einfach ein unscheinbares Geschichtsdatum war, sondern
einem gesellschaftlichen Impact gleichkam, dessen tiefgreifende und
weitstreuende Wirkung innerhalb der römischen Gesellschaft heute kaum
ermessen werden kann.
Andrea Schütze
Andrea Schütze München, Andrea Schuetze, Lupa Romana, Historikerin, Rechtshistorikerin, Althistorikerin, Mediävistin, Kunsthistorikerin, Rechtshistorikerin, Archäologin,
Rezension.
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