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Rezension Andrea Schütze: Leonhard Burckhardt, Militärgeschichte der Antike


Wissenschaftliche Rezension

Werkdaten:

Leonhard Burckhardt:
Militärgeschichte der Antike,
C.H. Beck-Verlag
München 2008
ISBN-10: 978-3-406-56247-1
128 S.,
Preis: 7,90 €.

Weitere Erscheinungsorte der Rezension:


Mit seiner „Militärgeschichte der Antike“ möchte Leonhard Burckhardt den Lesern einen Einstieg in einen überaus vielschichtigen Aspekt der Menschheitsgeschichte ermöglichen: den Krieg. Gerade in der modernen westlichen Zivilgesellschaft erscheint der Krieg als weitgehend überwunden und ferner denn je zuvor. Nicht selten befremdet uns daher heute die Selbstverständlichkeit und Alltäglichkeit des Umgangs mit Krieg und Gewalt in der Antike.[1] Der zunehmende Verlust zeitgenössischer Kriegserfahrung in der Gegenwart verleitet zu der trügerischen Vorstellung einer historischen Entwicklung gegenüber früheren Jahrhunderten und Jahrtausenden des Krieges hin zu einem friedlicheren politischen Zustand.[2] Mit dieser scheinbaren Kriegsferne geht ein gesteigertes Interesse auch an den antiken Kriegen einher, das nicht zuletzt der vielfältigen medialen Aufarbeitung zu verdanken ist.[3] Ihm tragen auch die zahlreichen jüngst publizierten Einführungswerke zur antiken Kriegsführung Rechnung. Burckhardt gibt sie am Ende seines Bändchens in sicherlich nicht abschließender[4], aber doch repräsentativer Auswahl dem Leser (nebst Register und Bildnachweis) an die Hand.

Die erhöhte Publikationsfrequenz mag es angezeigt erscheinen lassen, nach der Berechtigung einer weiteren Publikation auf diesem Feld zu fragen: Die Frage, ob dieses Werk dem Leser als Einstiegslektüre ans Herz gelegt werden kann, lässt sich jedoch eindeutig bejahen. Sicherlich hat Burckhardt in seiner Militärgeschichte, die sich über zwölf Kapitel von der griechischen Archaik bis zur römischen Spätantike erstreckt, das sprichwörtliche Rad nicht neu erfunden. Viele vermittelte Informationen könnten im Querlesen anderer Arbeiten gleichfalls erworben werden. Doch gerade darin liegt der unbestreitbare Vorteil für den Leser dieses Buches: Was erst die mühevolle Lektüre verschiedener Einführungswerke vermitteln würde, liefert Burckhardt kompakt in einem kleinen Band – ein übersichtliches, leicht memorierbares historisches Raster zur Kriegsgeschichte, das den Einsteiger befähigt, alle weiteren Informationen verständlich einzuordnen, ohne die Orientierung zu verlieren. Darin besteht oft gerade das für den Einsteiger größte Problem: Nicht wenige Publikationen exemplifizieren und bilden thematische Schwerpunkte, versäumen aber gleichzeitig den Leser einen historischen Überblick zu geben, in den der Lernende die neu erworbenen Informationen einbauen könnte. Genau diese sichere historische Orientierung bietet der kleine Band. Möglicherweise hätte man sich das ein oder andere, wie beispielsweise die Darstellungen zum Peloponnesischen Krieg oder zu den Diadochenkriegen, vertiefter gewünscht; andere Punkte, wie etwa der Alexanderzug oder einzelne Schlachtbeschreibungen, hätten meines Erachtens teilweise einer zusätzlichen Visualisierung durch Karten oder Pläne bedurft. In der Gesamtschau dieses Werkes fallen allerdings diese Wünsche weniger ins Gewicht, denn Burckhardts geschickte Darstellungsweise vermag dies weitgehend auszugleichen.

In didaktisch vorbildlicher Weise mit ineinander greifenden Kapiteln und durchgehenden Entwicklungssträngen wälzt sich immer größer, immer mächtiger werdend der Krieg durch die Jahrhunderte antiker Geschichte, vom archaischen Zeitalter Homers bis zum Untergang des Weströmischen Reiches. Krieg zeigt sich dem Leser nicht als ein rein historisch-technisches Kontinuum, sondern als eine in ihren Dimensionen anwachsende Realität sowie als politisches und soziales Phänomen; er begann als adliges Vorrecht, bot dann über das daraus resultierende Prestige auch für zunächst ausgeschlossene soziale Gruppierungen eine gesellschaftliche Aufstiegschance und verkam schließlich zum Rekrutierungs- und Finanzierungsproblem. Schön gelöst erweist sich der klare Aufbau der Kapitel, die jeweils zeitlichen Epochen entsprechen. Nach einem kurzen militärgeschichtlichen Abriss, der stets im historischen Gesamtkontext verankert bleibt, werden die militärtechnischen Besonderheiten sowie die damit verknüpften sozialen Entwicklungen herausgearbeitet. Durch diesen einfachen und überzeugenden Aufbau wird der Leser an einer durchgehenden Zeitschiene entlanggeführt, die ihm Vieles in der Kriegsentwicklung verstehen lässt, das sonst gerade für den Einsteiger wohl nur schwer fassbar wäre.

Das für das antike Kriegsverständnis so elementare Prinzip domi militaeque wird in unserem Sprachgebrauch häufig mit dem heute als Antithese verstandenen Begriffspaar Krieg und Frieden parallelisiert. Krieg erfuhr in der Antike jedoch keine vollständige Abkoppelung vom zivilen Bereich, wie dies diese Antithese nahelegt. Burckhardt zeigt im Gegenteil klar verständlich die intensiven Verflechtungen des Krieges mit der zivilen antiken Gesellschaft auf, die Krieg nicht allein destruktiv, sondern mitunter auch konstruktiv wahrnahm.[5] Seine Militärgeschichte entfaltet vor dem Leser die unterschiedlichen, auch nur mittelbaren Verknüpfungen zwischen der Welt des Krieges und der der Zivilisten bis hin zum handfesten Problem kriegsbedingter Finanzierungskrisen.[6] Zudem erfährt der Leser, dass militärische Entwicklungen kein in sich geschlossener Vorgang, sondern auch Ergebnis einer quasi militärisch geführten Kommunikation mit dem Feind bzw. den Zivilisten waren. In diesen Zusammenhang gehört die immer wieder anklingende Thematik der medialen und kommunikativen Bedeutung von Waffen, wie beispielsweise der Helmputz, der im Zeitverlauf stetig anwachsende Maschinenpark antiker High-Tech-Waffen oder auch der weiterhin prestigeträchtige Einsatz von Kriegselefanten, selbst als ihre militärische Effektivität bereits im Schwinden begriffen war.

Burckhardt entwirft ein faszinierendes Geflecht des antiken Krieges, das nicht nur geeignet ist, die Epochen der Antike und die sozialen Dimensionen der Kriegsgeschichte zu durchdringen, sondern auch in seiner über Jahrtausende entwickelten Komplexität die Hoffnung auf Realisierung des alten Menschheitstraumes von einem „ewigen Frieden“ allzu illusorisch erscheinen lässt. Dies zudem auf kaum mehr als 100 Seiten zu vermitteln, darf als besondere Leistung des Bändchens betrachtet werden, das in summa als gelungene Einführungsliteratur bewertet werden kann.

Andrea Schütze





Andrea Schütze München, Andrea Schuetze, Lupa Romana, Historikerin, Rechtshistorikerin, Althistorikerin, Mediävistin, Kunsthistorikerin, Rechtshistorikerin, Archäologin, Rezension.

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