Der Kunstmarkt im Wahn
Der Kunstmarkt im Wahn
Leonardos Salavtor Mundi sprengt alle Rekorde
München,16.11.2017 von Andrea Schütze
Eine Auktion bringt es mit sich, dass jeder so viel zu bieten vermag, wie ihm das Objekt seiner Begierde wert ist. Doch kann man solche finanziellen Materialschlachten wirklich noch gutheißen?
Der Wahnsinn hat einen neuen Namen: Leonardo
Auf der Auktionsseite von Christies steht über den Erlöser der Welt
zu lesen:
Leonardo da Vinci (1452-1519)
Salvator Mundi
Öl auf Holz
65.7 x 45.7 cm
Gemalt circa 1500.
Das sind die Eckdaten von Kunst und die Essenz von Kunst - wissenschaftlich und nüchtern eingedampft auf seine realen
Bestandteile. Ein Stück Holz von knapp einem halben Meter, bemalt vor 500 Jahren mit Pigmenten, Öl und sonstigen fragwürdigen Mischungsexperimenten zu denen der Maler namens Leonardo geneigt hatte.
Dargestellt ist der Erlöser der Welt.
Punkt.
Das ist die Realität von Leonardos Kunstwerk, das gestern bei Christies versteigert worden war. Alles andere…
ist wirklich auf den Punkt gebracht: Chichi.
Dass Chichi
zu einigem Wahnsinn führen kann, das ist mittlerweile keine Frage mehr und man hatte bei Christies sogar schon mit 100.000.000 Dollar gerechnet. Doch die gestrige Auktion hat alle bisherigen Irrwitzigkeiten in den Schatten gestellt, denn dort wurde nicht mehr in lächerlichen
einstelligen Millionenbeträgen geboten, sondern man warf die zwei- und dreistelligen Millionen nur noch so in den Raum.
Es war eine Materialschlacht des Geldes.
Und am Ende haben 450.312.500 US-Dollar gesiegt. Und das ist nicht das Ende des Preises, denn es kommen auf jeden Fall noch die Auktionsgebühren von Christies dazu und womöglich weitere Taxen und nicht zu reden von den Transportkosten und den Kosten für weitere Gutachten und den Unterhalt und die Sicherung und… und… und… 450 Millionen US-Dollar haben da noch lange kein Ende gefunden und das für ein altes Stück Holz bemalt von Leonardo, von dem sicher ist - wie es einmal ein Restaurator des Germanischen Nationalmuseums in Frankfurt zum Kampf der Restauratoren gegen die Zeit generell sagte - also von dem sicher ist, dass es irgendwann vollständig abgeblättert und zerbröselt sein wird und das man auch nur in abgedunkelten und besonders gepanzerten Räumen wird daheim betrachten können. - Kein Bild an dem man sich - wie es früher bei seiner Entstehung der Fall war, ob es Leonardo, Raffael, Botticelli und wer auch immer war - kein Bild an dem man sich beim Vorbeigehen erfreuen kann, wo man davor sitzen kann oder man sich damit die Zeit vertreibt. Nein, es wird immer ein abgeschottetes und gegenüber seinen Betrachtern einsames Leben führen.
Dazu wird Kunst aber nicht erschaffen. Kunst und die darin präsentierte Schönheit im Ästhetischen, im Grauen, im Absonderlichen, im Einfallsreichen, im Wasauchimmerschönem, Kunst und seine Schönheit entstanden, um zu gefallen, um bestaunt und betrachtet zu werden, um von möglichst vielen Menschen bewundert zu werden.
Kunstwerke hingegen, die in hochsicherheitsgepanzerten Tresorräumen schlummern und nur von gierigen Augen betrachtet werden, haben ihren Sinn verloren. Denn es ist die Gier, die Menschen dazu antreibt für ihren persönlichen Genuss solche Summen zu bezahlen und im Geheimen ihre Kunst zu genießen oder selbst vor schlimmstem Kunstraub - egal wieviel Blut und Kultur es kosten mag - nicht zurückschrecken lässt. Es ist immer die Gier, nicht der Sinn für Kunst, der solches bewerkstelligt.
Die Orte an denen Kunst ihren Zweck erfüllen könnten, wo Besucher sie sehen, wo Schönheit in die Welt hinausgetragen wird und damit auch die Hoffnung verbunden wird, den Menschen von seiner Rohheit zur Besserung zu führen, diese Orte sind chancenlos für den Erwerb solcher Werke und sie werden es immer mehr im Angesicht der Materialschlachten des Geldes.
Der Name macht die Kunst
Dass nicht das Werk, sondern der Name vielfach Kunst
zu erschaffen vermag, beweisen nicht nur die Beltracchis und sonstigen entdeckten und nie entdeckten Fälscher dieser Erde, die in ihren Kopien weit höhere Kunstfertigkeit beweisen mussten, als jeder Künstler selbst, weil selbst der Fehler des Künstlers noch in Vollkommenheit erreicht werden muss. Aber nicht nur die belegen die Fragwürdigkeit des Hypes, sondern auch dieses Bild selbst ist ein gutes Beispiel für die Macht eines berühmten Namens.
Denn irgendwann -post-leonardo
- hat jemand den wohl mittlerweile schadhaft gewordenen Jesus zu restaurieren
versucht und dabei gleich ein neues Bild erschaffen. Es entstand ein Jesus mit Schnurrbart und man fühlt sich hier schon an Marcel Duchamp erinnert, der selbst von der Kunst sagte, sie sei Hochstapelei und Fata Morgana. Er hat das sicher jedem im Gedächtnis stehende Bild der Mona Lisa mit Schnurrbart erschaffen und so sieht es hier fast auch aus.
Aber wer es/sie auch immer war(en). Sie erkannten
den Leonardo nicht an seiner Kunst und das obwohl der Pinsler sicher über Malfertigkeiten verfügt hatte, also eine künstlerische Ausbildung genossen haben muss und es sich hier nicht um wilde Schmierereien eines Banausen gehandelt haben kann. Der Leonardo
war nicht erkennbar.
Und er war es auch nicht für die nachfolgenden Kunsthändler und Auktionatoren, die das Bild für eine billige Kopie
hielten und es für 50 Dollar versteigerten. - Die Erfüllung des Traumes jedes Kunstjägers: Einen Leonardo für 50 Dollar zu ergattern…
Der Wahnsinn brach erst aus, als die jüngere Farbschicht abgenommen und Untersuchungen gezeigt hatten: Die billige Kopie ist ein echter Leonardo da Vinci.
Der Name erzeugte von 50 Dollar ab nun Millionen und steigerte sich gestern zum absoluten und wohl nur vorläufig absoluten Wahnsinn.
Kunstwahn ohne Anstand
Es war eine Materialschlacht des Geldes und ein Kampf der Reichen unter sich, wer sich den Leonardo
wird leisten können. Doch im Angesicht des Themas dieses Bildes, des Erlösers der Welt
darf gefragt werden, ob sich das noch mit Moral und Anstand verträgt so mit Geld um sich zu werfen.
Die Welt krankt aktuell tatsächlich an allen Orten, ob Kriege, ob Hunger, ob Klimakastastrophen, ob Dürre, ob Krankheiten, ob Fluchten, ob fürchterliche Armut und es kommt kein Ende in Sicht der Erbärmlichkeiten.
Ich möchte hier gar nichts mehr dazu sagen, sondern nur ein paar Relationen aufzeigen, die dann für sich sprechen sollen:
- Die Stadt München beklagt auf 100 Millionen Euro für die Integration von Flüchtlingen sitzen zu bleiben.
- Die Bundesregierung schickt weitere 100 Millionen Euro Entwicklungshilfe in den Wiederaufbau der zerstörten Städte im Nordirak, damit Flüchtlinge wieder in ihre Heimat zurückkehren können sollen.
- Der Wiederaufbau des Weltkulturerbes Palmyra, das von den barbarischen Isis-Kämpfern zu vernichten gesucht worden war, kann für mehrere hundert Millionen Euro wiederaufgebaut werden.
nurein Bild war und ist, wurden gestern über 450 Millionen US-Dollar + ein großes X geboten und aufgewendet und womit werden diese Millionen bezahlt und wieviel davon wird an die ausgebeutete und ausblutende Welt davon zurückgezahlt?
Dieser Beitrag findet sich dauerhaft unter folgender Adresse: http://www.lupa-romana.de/Lupa-Blog/LPA-Beitraege/2017_11_16-Der_Kunstmarkt_im_Wahn.html
Folgen Sie doch einfach Lupa Romana und meinem Blog